Seestadt Aspern

urban mining für 3.000 Wohnungen

Der Wohungsbau in der Seestadt Süd verwertet 1 Mio. t Material aus dem eigenen Baugeschehen. Eine ausgeklügelte Logistik zwischen den Bauplätzen sorgt für die direkte Verwertung beinahe des gesamten Erdaushubs vor Ort. So verarbeitet die dort errichtete Ortbetonanlage den Kies aus dem Seeaushub und den Baugruben. Der Tiefbau nutzt lokalen Sandkies aus Voraushüben für Straßendämme, Frostkoffer und befestigte Flächen. Diese Materialgewinnung verkürzt zugleich die Bauzeit des Wohnbaus. Für die Zementanlieferung per Bahn wurde eigens ein Gleis in das neue Baulogistikzentrum gelegt.

Mit dieser umweltfreundlichen Bauabwicklung spart die Errichtung des Wohnbaus über 100.000 Schwerlast-Lkw-Fahrten im Stadtgebiet ein. Ein Stück Stadt - insgesamt die Häfte des jährlichen Wiener Wohnbauvolumens - kann so in kürzerer Zeit mit weniger Umweltbelastung durch Einsatz lokaler Ressourcen realisiert werden.

 

REALISIERUNG
Alle Maßnahmen konnten wir durch Vereinbarungen unter den 20 Bauwerbern in 9 Workshops mit bauplatzübergeifenden Ausschreibungen und Beauftragungen von Bauleistungen realisieren. Zentrales Instrument war ein Mehr-/Minderkosten-Leistungsverzeichnis, das bauplatz- spezifisch die Generalunternehmervergabe unterstützt. Minderkosten aus dem Massenausgleich resultierend aus der Kurzverfuhr im Erdbau, der Vergütung von Kiesaushub und der gemeinsamen Überbindung der Ortbetonanlage stehen Mehrkosten aus den Anforderungen von Baulogistik- und Umweltmanagement gegenüber. Darüber hinaus mussten wir komplexe Modelle der Kostenbeteiligung an gemeinsamen Beauftragungen, wie der abfallrechtlich und geotechnisch zu begleitenden baulichen Verwertung am Nordring, unter den Bauwerbern vertraglich verankern.


NACHHALTIGES MASSENSTROM-MANAGEMENT in Zahlen (m3 lose):

 

100.000 m3 Voraushubmaterial dienen zur Herstellung der Straßendämme
150.000 m3 Aushubmaterial dienen zur Geländemodellierung am Nordring
50.000 m3 Aushubmaterial dienen als Zuschlag in der Ortbetonanlage
300.000 m3 Seeaushub dienen als Zuschlag in der Ortbetonanlage
 

 

KONZEPT
Zunächst antizipierten wir aus Datenbanken und den konkreten Projekten die genauen Stoffströme und den möglichen Umfang lokaler Verwertung. Wir berechneten ein Vorkommen von 45 % Kies (ca. 130.000 m3) durch Verschneidung der Aushubkubaturen in einem 3D-Modell mit dem Kiesrelief der Geotechniker. Genug Kies, um den von uns auf die Güteklasse genau ermittelten Betonbedarf (175.000 m3) mit Zuschlagstoffen zu versorgen. Für die Verwertung der übrigen 55 % Deckschichtaushub traten wir mit dem Ausschreibungssieger des Straßenbaus in Verhandlung, um über Voraushubpläne ca. 100.000 m3 Material gegen die Bauleistung zu tauschen. Eine Win-Win Situation, vor allem in Hinblick auf die erreichte Entspannung des geplanten gleichzeitigen Baubeginns. Eine weitere bauliche Verwertung innerhalb der Seestadt, die Anhebung der künftigen Ringstraße im Nordteil, ermöglichte mit Einwilligung der Behörde einen beinah 100 %igen Massenausgleich im Erdbau.
Mit Unterstützung des österreichischen Betonexperten Dr. Horvath haben wir ein Anlagenkonzept für eine Ortbetonanlage zur Verwertung lokaler Aushübe im Allgemeinen und im Besonderen des Seeaushubs (mit einer Vergütung von je 5 €/m3) und Zementanlieferung per Bahn branchenweit ausgeschrieben.

Dieses Konzept eines NACHHALTIGEN MASSENSTROM-MANAGEMENT, das wir in Kooperation mit der Wien 3420 Aspern Development AG ausarbeiten konnten, hat folgende Ziele:

 

Massenausgleich für 60 % aller Stoffströme des Wohnbaus (Verwertung statt Transport)
bauliche Verwertung durch bauplatzübergreifende Steuerung
Vertragsgrundlagen bauplatzübergreifender Leistungen eines nachhaltigen Stoffstroms
Leistungsbildanpassungen des begleitenden Umwelt- und Baulogistikmanagements
Optimierung der Infrastrukturherstellung und Baustelleneinrichtung (z.B. bauplatzübergreifende Grundwasserbesicherung, etc.)
konzertierter Baubeginn im Mai 2013
 


ORTBETON
Bemerkenswert war das erfolgskritische Ergebnis der Ausschreibung des Ortbetonkonzeptes. Für Verhandlung und Vergabe konnten wir bereits beauftragte Generalunternehmer (Strabag, Porr, Gerstl) einbinden, z.B. für die Ausarbeitung einheitlicher allgemeiner Vertragsbedingungen als Beauftragungsgrundlage. Unsere Konsulentenleistung bestand in der Konzeptausschreibung, der Angebotsverhandlung, Vergabeempfehlung und der unterstützenden Einrichtungsplanung. Bauwerber, Generalunternehmer und Experten ermittelten konsensual einen Bestbieter, dessen Konzept eine maximale Verwertung und einen Kostenvorteil von ca. 1 Mio. € gegenüber dem in der GU-Abfrage definierten Richtpreis ermöglichte: Alle Betongüten des gesamten Ortbetonbedarfs werden ausschließlich vor Ort produziert. Mit einem innovativen grundwasserunabhängigen, geschlossenen System bereitet der Anlagenbetreiber Zuschlagsfraktionen im Nassverfahren für hochwertige Betone (über XC1) auf.

 

Das Projekt wurde 2013 für den Staatspreis Ingenieurconsulting nominiert.

 

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